Besondere Anforderungen in medizinischen Notfallsituationen bei MPS
Schritt 1: Nacken stabilisieren
Zur Vermeidung von Rückenmarksverletzungen im Bereich der Halswirbelsäule
Risiken
Bei MPS-Patienten besteht ein hohes Risiko von Rückenmarksverletzungen im Bereich der Halswirbelsäule, die wiederum zu Paralyse und plötzlichem, vorzeitigem Tod führen können.1
Es kann zu einer atlantoaxialen Instabilität kommen,2–5 die häufig mit einer Kompression des zervikalen Rückenmarks und Myelopathie einhergeht.
Empfehlungen
Nehmen Sie eine manuelle Inline-Stabilisierung vor, um Verletzungen der Halswirbelsäule zu vermeiden.1
Begrenzen Sie das Ausmaß der Flexion/Extension angesichts einer möglichen Laxität der Bänder (mit oder ohne Odontoiddysplasie) und zervikalen Stenose.1
Intubation: Lagern Sie den Patienten während der Intubation in einer neutralen Position, da die „Schnüffelposition‟ eventuell nicht möglich ist. Nutzen Sie die fiberoptische Intubation oder Videolaryngoskopie.1
Achten Sie darauf, dass der Rest der Wirbelsäule in der neutralen Position verbleibt, da sonst eine Kompression in anderen Regionen eintreten könnte.1
Eine neurophysiologische Überwachung wird bei allen Patienten empfohlen, die sich längeren Eingriffen und/ oder Eingriffen an der Wirbelsäule oder der Manipulation des Kopfes unterziehen.1
Schritt 2: Hochrisiko-Anästhesie
(sowohl Intubation als auch Extubation)
Halten Sie in Nase und Mund genügend Platz für die Luftzufuhr frei
Risiken
Respiratorisches Versagen und atemwegsbezogene Notfälle sind eine häufige Ursache für die Morbidität von MPS-Patienten,1 insbesondere bei chirurgischen Eingriffen.6 Die Sauerstoffsättigung kann plötzlich auf ein kritisches Maß absinken.1
Bei einem die Atemwege betreffenden Anästhesie-Notfall bleiben unter Umständen weniger als 3-5 Minuten, um eine Notfalltracheostomie durchzuführen, bevor es zu dauerhaften Hirnschäden kommt.7
JEDES Sedativum kann zu respiratorischen Komplikationen, schwerer Hypoxämie und infolgedessen zu neurologischen Beeinträchtigungen führen.1
Atemwegsobstruktion:
MPS-Patienten können an obstruktiver Schlafapnoe (OSA) leiden, was das Risiko von Atemwegsnotfällen und chronischer Hypoxämie erhöht.8
Obstruktionen der Atemwege können zu Schwierigkeiten bei der Maskenbeatmung und Intubation führen.1
Eine Kiefergelenkskontraktur mit Schwierigkeiten beim Öffnen des Mundes und eine Akkumulation von Glykosaminoglykanen (GAGs) im Bereich von Zunge, Mund-Rachenraum und Larynx können den Zugang zu den oberen Atemwegen und die Erkennung der Glottis behindern.1 Dies kann zu einem Unterdrucklungenödem führen oder eine Beatmung/ Intubation1 oder Darstellung der Atemwege unmöglich machen.9
Bei der Extubation können schwerwiegende Komplikationen auftreten, darunter ein Lungenödem und die Notwendigkeit einer Reintubation oder einer Notfalltracheostomie.1
Empfehlungen
Bei jedem chirurgischen Eingriff an MPS-Patienten sollte ein HNO-Arzt, vorzugsweise mit MPS-Erfahrung, unmittelbar bereitstehen, da die Wahrscheinlichkeit einer Notfalltracheostomie nicht gering ist.1
Der HNO-Arzt muss sich darüber im Klaren sein, dass eine Notfalltracheostomie bei MPS-Patienten aufgrund des kürzeren Halses, des verdickten Weichteilgewebes und der Tiefe der Luftröhre schwieriger ist, ein höheres Risiko birgt und länger dauert.1
Seien Sie auf alternative Intubationsmethoden (z. B. fiberoptische Intubation) vorbereitet für den Fall, dass die Maskeneinleitung mit anschließender oraler trachealer Intubation erfolglos ist.1
Ein orales Anxiolytikum kann die Angst lindern und die Erfolgsaussichten einer fiberoptischen Intubation erhöhen – wenn der Patient jedoch einschläft, kann er aufgrund einer Obstruktion der oberen Atemwege bis zu einem gefährlichen Grad entsättigen.1
Lassen Sie die Sauerstoffsättigung von der OP-Fachkraft genau überwachen und rufen Sie sofort das Anästhesieteam, wenn sich die Sauerstoffsättigung verändert.1
Stellen Sie während der Intubation zusätzlich O2 bereit, da es zu Schwierigkeiten bei der Beatmung und Sauerstoffversorgung kommen kann.1
Erwägen Sie die Verwendung von Distickstoffmonoxid, um das Anlegen eines intravenösen Katheters zu unterstützen, gefolgt von der Einleitung mit Midazolam oder Fentanyl (bei Bedarf mit Flumazenil und Naloxon antagonisierbar).1
Ziehen Sie in Betracht, den Patienten während der Einleitungsphase in die Seitenlage zu bringen, wenn dies seinen Atemweg verbessert.1
Bei Patienten mit schwierigen Atemwegen sollte für die tracheale Einleitung ein fiberoptisches Bronchoskop verwendet werden.5
Es hat sich gezeigt, dass die Verwendung einer Larynxmaske (LMA) oder eines nasalen Atemwegs die Ventilation während der Bronchoskopie verbessert.1
Erwägen Sie, einen Führungsdraht mit J‑Spitze durch den Absaugkanal des Bronchoskops in die Trachea einzuführen, das Bronchoskop zu entfernen und einen Ureterdilatator oder einen Tubuswechselkatheter über den Draht einzuführen und dann den Endotrachealtubus (ETT) über diesen in die Trachea einzuführen.5
Vermeiden Sie die Gabe von Muskelrelaxantien, bis die endotracheale Intubation abgeschlossen ist.1
Verwenden Sie einen ETT, der 2-3 Mal kleiner ist als altersentsprechend erwartet.1
Um die Sauerstoffversorgung des Patienten während der fiberoptischen Bronchoskopie zu erhöhen, kann ein kurzer ETT in das kontralaterale Nasenloch eingeführt werden, sodass kontinuierlich O2 in den Hypopharynx gelangt. Schließen Sie außerdem O2 an den Sauganschluss des Bronchoskops an und injizieren Sie intermittierend O2 über die Spitze der Fiberoptik.10
Stellen Sie vor der Extubation die vollständige Antagonisierung des Muskelrelaxans sicher und legen Sie einen nasopharyngealen Atemweg an.1
Führen Sie die Extubation in einem Bereich durch, in dem das gesamte benötigte medizinische Personal zur Verfügung steht, falls der Patient eine sofortige Reintubation oder eine Notfalltracheostomie benötigt.1
Schritt 3: MPS-Spezialisten kontaktieren
Eine Notfalltracheostomie kann erforderlich sein
Risiken
Schwierige Intubationen können zu Verletzungen der Glottis, Stridor, Infektionen oder einem Kollaps der Atemwege führen.1
Gefahr einer chronischen Hypoxämie aufgrund einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA)1
Nachdem MPS-Patienten extubiert wurden, ist eine Reintubation vielleicht nicht mehr möglich, was einen potenziellen Notfall darstellt.1
Empfehlungen
Die Extubation sollte erst dann erfolgen, wenn der Patient vollständig wach ist, eine Dichtheitsprüfung durchgeführt wurde und eine ausreichende Atmungsanstrengung vorhanden ist.1
Bei allen chirurgischen Eingriffen an MPS-Patienten sollte aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit einer Notfalltracheostomie immer ein erfahrener HNO-Arzt oder Kinderchirurg zugegen sein.1
Schritt 4: Kardiales Monitoring aufrechterhalten
Risiken
Bei MPS-Patienten werden bedeutende kardiale Manifestationen berichtet.11,12
Herzklappenerkrankungen sind die am häufigsten beschriebenen kardialen Manifestationen bei MPS-Patienten1,11,12 und erhöhen das Mortalitätsrisiko bei chirurgischen Eingriffen.1
Es kann zu Ischämie und Herzstillstand aufgrund von Hypotonie kommen.13
Empfehlungen
Führen Sie ein EKG durch, um Erregungsleitungsstörungen und Anzeichen einer Myokardischämie zu erkennen.11
Erstellen Sie ein Echokardiogramm, um eine Herzklappenregurgitation oder -stenose sowie eine Funktionseinschränkung festzustellen.1
Überwachen Sie den Blutdruck mit einer intraarteriellen Kanüle, wenn der Eingriff langwierig ist oder ein hohes Risiko mit sich bringt.1
Anästhesie und MPS1-18
Patienten mit Mukopolysaccharidose (MPS), die operiert werden müssen, stellen eine große Herausforderung für Anästhesisten dar. Die hohe Prävalenz einer Beteiligung der Atemwege und des respiratorischen Systems in Verbindung mit kardiovaskulären Veränderungen führt bei diesen Patienten zu einem hohen Anästhesierisiko.
Bei MPS handelt es sich um eine Gruppe seltener Erkrankungen. Da diese fortschreitend sind, können bei den Betroffenen im Laufe des Lebens zahlreiche chirurgische Eingriffe erforderlich werden. Bei jedem dieser Eingriffe sollte vor der Anästhesie eine umfassende Untersuchung durchgeführt werden, um den aktuellen Zustand des Patienten eingehend zu beurteilen. Die besondere Beachtung der Auswirkungen der MPS auf die Atemwege und das kardiorespiratorische System trägt dazu bei, die Risiken vor der Operation abzuschätzen und die beste Anästhesieplanung zu erarbeiten.
Die wichtigsten Aspekte, die sowohl die präanästhesiologische Visite als auch das intraoperative Management von MPS-Patienten betreffen, sind:
Beurteilung der Atemwege
Beurteilung des respiratorischen Systems
Beurteilung des kardiovaskulären Systems
Beteiligung von anderen Organen oder Systemen
Überlegungen zur Anästhesie
Sonstige Überlegungen zum chirurgischen Eingriff
Beurteilung der Atemwege und des respiratorischen und kardiovaskulären Systems
Das Atemwegsmanagement von MPS-Patienten ist aufgrund der Akkumulation von Glykosaminoglykanen (GAGs) im Gewebe vielleicht das komplizierteste in der pädiatrischen Anästhesiologie. Diese Akkumulation kann zu anatomischen Veränderungen und Obstruktionen auf verschiedenen Ebenen der Atemwege führen, was nicht nur Schwierigkeiten bei der orotrachealen Intubation, sondern auch bei der Gesichtsmaskenbeatmung verursacht.
Die Atemwege sind bei den MPS-Typen I, II, IV und VI stärker betroffen, bei MPS III dagegen seltener. Seit Einführung der Enzymersatztherapie wird ein späteres Auftreten dieser Veränderungen beobachtet, was das Atemwegsmanagement bei diesen Patienten erleichtert. Dennoch sollte bei allen MPS-Patienten bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, dass ein schwieriger Atemweg vorliegt.
Hierbei ist zu beachten, dass die Atemwegsbeteiligung im Laufe des Lebens fortschreitet; je älter der Patient ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines erschwerten Atemwegsmanagements. Außerdem kann sich bei Patienten ohne Probleme bei der Intubation im Laufe der Zeit eine solche Komplikation entwickeln.
Erkrankungen der Atemwege bei MPS nach Typ
Störungen der Atemwege können bei MPS auf jeder Ebene auftreten:
Mund
Auf oraler Ebene kann das Weichteilgewebe betroffen sein. Sehr häufig liegt eine Makroglossie vor, bei der die Mundhöhle sehr deutlich ausgefüllt ist. Zusammen mit einer Hyperplasie des Gaumens und einer Zahnfehlstellung bedeutet dies, dass die Luftdurchlässigkeit in diesem Bereich beeinträchtigt sein kann. Auch knöcherne Strukturen können betroffen sein, wie das Kiefergelenk und ein hypoplastischer Ramus mandibularis, was zu einer eingeschränkten Mundöffnung führt.
Pharynx
MPS-Patienten weisen in der Regel einen abgeflachten Nasenrücken und eine adenoide Hypertrophie auf, was sie anfälliger für Mittelohrinfektionen und chronische Rhinorrhoe macht. Bei ihnen besteht häufig eine Tonsillenhypertrophie und eine Hypertrophie des Lymphgewebes im gesamten Rachenraum, wodurch die Schleimhaut dicker und brüchiger wird.
Larynx
Die Infiltration von GAGs auf Kehlkopfebene verändert die übliche Anatomie der Glottis. Die Epiglottis ist in der Regel groß und anatomisch verändert. Die Glottis ist stärker anterior positioniert und die Stimmbandpassage ist aufgrund der Infiltration der Arytenoide und anderer periglottischer Strukturen verengt.
Trachea
Auch Veränderungen auf Ebene der Luftröhre werden beschrieben. Am offensichtlichsten sind Strikturen der subglottischen Trachea (obwohl sie auf jeder Ebene der Trachea und der Bronchien auftreten können, insbesondere in weiter fortgeschrittenen Stadien der MPS) und Tracheomalazie.
Skelett
Auf Ebene des Schädels und der Halswirbelsäule liegen verschiedene Skelettveränderungen vor (abgeflachter Nasenrücken, Anomalien des Unterkiefers und Kiefergelenks, Hypoplasie oder Subluxation von C1-C2). In Verbindung mit dem für diese Patienten charakteristischen kurzen Hals und der möglichen Rückenmarkskompression der oberen Halswirbelsäule können diese Veränderungen zu einer eingeschränkten Mundöffnung führen und behindern das zervikale Extensionsmanöver zur Erleichterung des Atemwegsmanagements.
Die Beteiligung der Atemwege, des Lungenparenchyms und der Brustwand bei MPS-Patienten führt zu einer geringen Lungencompliance und damit zu einem restriktiven pulmonalen Muster.
Auf pulmonaler Ebene weisen MPS-Patienten eine stärkere Schleimbildung in den Atemwegen auf und sind anfällig für rezidivierende Atemwegsinfekte. Auch Bronchiektasen sind ein häufiger pulmonaler Befund.
Ein restriktives pulmonales Muster kann auch extrapulmonalen Faktoren geschuldet sein, darunter Veränderungen des Brustkorbs (horizontal verlaufende Rippen, Pectus carinatum) und im Bereich der dorsalen Wirbelsäule (Skoliose, Kyphose). Diese Veränderungen tragen zusammen mit dem Druck, der durch vergrößerte Bauchorgane (Hepatomegalie und Splenomegalie) auf das Zwerchfell ausgeübt wird, zu einem restriktiven Muster auf pulmonaler Ebene bei.
In fortgeschrittenen Stadien der MPS kommt eine obstruktive Komponente hinzu, die auf zunehmende Ablagerungen an den Tracheal- und Bronchialwänden zurückzuführen ist.
In sehr weit fortgeschrittenen Stadien, wenn obstruktive und restriktive Muster zusammenkommen, und insbesondere bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Hypopnoe-Syndrom (OSAHS), kann sich aufgrund von Hypoxämie und chronischer Hypoventilation eine pulmonale Hypertonie entwickeln.
Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) ist bei Patienten mit MPS weit verbreitet und stellt einen Risikofaktor für perioperative respiratorische Komplikationen dar. Häufig ist bei Patienten mit OSAS eine nicht-invasive Beatmung zu Hause erforderlich. In diesem Fall ist während der perioperativen Phase (insbesondere unmittelbar postoperativ) die Verwendung des eigenen Geräts zur nicht-invasiven Beatmung (NIV) von großem Nutzen.
Bei Patienten mit MPS ist somit eine präoperative Beurteilung der Atemwege unerlässlich. Dazu gehören die Anamnese und die Behandlung von Atemwegsinfekten, der Schweregrad der OSA, die Verwendung eines NIV-Beatmungsgeräts und, falls erforderlich, eine aktualisierte Beurteilung durch den Lungenfacharzt zur präoperativen Optimierung.
Eine kardiale Beteiligung ist bei Patienten mit MPS gut beschrieben und definiert und tritt bei den Typen I, II und VI häufiger auf als bei den Typen III und IV.
Die häufigsten Erkrankungen sind: Valvulopathien, kardiale Dysfunktion aufgrund hypertropher Kardiomyopathie, elektrische Erregungsleitungsstörungen und Erkrankung der Koronararterien.
Die häufigsten auf eine Beteiligung des Herzens zurückzuführenden Todesursachen bei MPS sind Herzversagen, plötzlicher Tod aufgrund von Arrhythmien und Koronarverschlüsse.
Sowohl die Häufigkeit als auch der Schweregrad der Herzprobleme nehmen angesichts des progredienten Verlaufs der MPS mit der Zeit zu. Das Fehlen von kardiovaskulären Anzeichen oder Symptomen bedeutet jedoch, dass die Prävalenz von Herzerkrankungen unterschätzt wird, selbst wenn diese vorliegen. Dies kann dazu führen, dass eine vollständige kardiologische Untersuchung zuweilen unterbleibt.
Beteiligung der Herzklappen
Die häufigste Manifestation einer kardialen Beteiligung bei MPS-Patienten ist eine Erkrankung der Herzklappen.
Die häufigste Erkrankung ist die Klappeninsuffizienz (mehr als eine Stenose), wobei meistens die Mitralklappe betroffen ist, gefolgt von der Aortenklappe. Die linken Herzklappen sind also stärker betroffen als die rechten.
Diese Dysfunktion der Klappen resultiert aus der Verdickung des Klappengewebes und der Verkürzung der (ebenfalls verdickten) Papillarmuskeln, deren Kontraktion durch die Chordae tendineae ermöglicht wird. Dies wiederum führt zu einer eingeschränkten Klappenbewegung und dysplastischen Klappenstrukturen.
Eine Klappenregurgitation oder -stenose kann zu einer Überlastung des linken Ventrikels, ventrikulären Dilatation, Hypertrophie sowie zu systolischer und diastolischer Insuffizienz führen.
In schweren Fällen kann ein Klappenersatz mit mechanischen oder biologischen Prothesen erfolgen.
Beteiligung der Koronararterien
Koronararterienverschlüsse sind bei allen MPS-Typen beschrieben, kommen aber bei den Typen I und II häufiger vor.
Die erste Form der Beteiligung ist eine diffuse Proliferation der Intima aufgrund von GAG-Ablagerungen in der Koronararterienwand. Außerdem wurde über eine Mitbeteiligung der koronaren Arteriolen und linksventrikuläre apikale Aneurysmen berichtet.
Erregungsleitungsstörungen
Die am häufigsten diagnostizierte Arrhythmie bei MPS ist der atrioventrikuläre Block aller Grade, wobei ein kompletter atrioventrikulärer Block (bei den Typen II, III und VI) häufig auftritt. Dieser erfordert häufig die Implantation eines Herzschrittmachers und ist die Hauptursache für einen plötzlichen Tod.
Sonstige vaskuläre Veränderungen
Auch in den Wänden der Aorta abdominalis und thoracica sowie in den Nierenarterien wurden Verdickungen festgestellt, die zu Verschlüssen unterschiedlichen Grades führen. Bei einigen Patienten können diese Ablagerungen in den Arterienwänden die Ursache für systemische Hypertonie sein.
Diese Veränderungen können zu einer kardialen Dysfunktion führen, die eine Behandlung mit Diuretika oder Vasodilatatoren erfordert.
Neben der Beteiligung der Atemwege, des respiratorischen und des kardiovaskulären Systems, die bei MPS-Patienten während der perioperativen Phase zu Problemen führen kann, sollten auch die folgenden Aspekte berücksichtigt werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Ophthalmologisch
Das Vorliegen eines Exophthalmus ist typisch für MPS, ebenso wie Hornhautläsionen, die sogar eine Hornhauttransplantation erfordern können. Auch Ablagerungen auf der Retina und ein erhöhter Augeninnendruck können vorkommen.
Um Augenverletzungen zu vermeiden, muss sowohl intraoperativ beim Augenschutz und Umgang mit Gesichtsmasken als auch postoperativ beim Umgang mit Sauerstoffmasken besonders vorsichtig vorgegangen werden.
Skelett
Eine osteoartikuläre Beteiligung kann in allen Knochenbereichen auftreten. Es ist wichtig, während der Operation Lagerungen zu vermeiden, die die Schmerzen verschlimmern oder zu Nervenkompressionsverletzungen führen können.
Vor der Anästhesie sind bildgebende Untersuchungen der Halswirbelsäule von entscheidender Bedeutung, um eine Kompression oder Instabilität der Halswirbelsäule zu erkennen, die zu Veränderungen der Stimmbänder (Arytenoide) und der Wirbelsäule führen kann.
Neurologisch
Anatomische Veränderungen und eine osteoartikuläre Beteiligung können zu einer Distorsion der peripheren Nervenbahnen, zu Komplikationen aufgrund einer Kompression der peripheren Nerven und zu klinischen Komplikationen infolge einer Rückenmarkskompression führen.
Auf Ebene des ZNS können ein Hydrozephalus (der einen ventrikuloperitonealen Shunt erforderlich machen kann), ein gewisser Grad an Hirnatrophie und demyelinisierte Bereiche vorliegen.
Bei Patienten mit MPS sollte die Anästhesieplanung sorgfältig im Voraus erfolgen und individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Wie bei jedem Anästhesieverfahren (aber mehr noch bei Patienten mit MPS, da zusätzliche Komplikationen auftreten können) müssen der Hauptplan und alle Alternativpläne für den Fall, dass während des Verfahrens Schwierigkeiten auftreten, klar definiert sein.
Sofern das Alter und der Zustand des Patienten es zulassen, sollte eine Vollnarkose natürlich möglichst vermieden werden.
Prämedikation
MPS-Patienten haben bereits mehrere Krankenhausaufenthalte und verschiedene diagnostische und therapeutische Tests hinter sich. Die emotionalen Auswirkungen dieser Verfahren dürfen nicht außer Acht gelassen werden, und den Patienten sollte ein möglichst angenehmes Umfeld geboten werden. Die Verabreichung einer Prämedikation vor der Aufnahme in den Operationssaal muss individuell beurteilt werden.
Die Mindestdosis des für die Prämedikation gewählten Medikaments sollte langsam verabreicht werden, möglichst in fraktionierter Form. Dies trägt dazu bei, dass der Patient ruhig bleibt und das Atemwegsmanagement nicht durch eine Atemdepression erschwert wird.
Nachdem die Prämedikation verabreicht wurde, sollte der Patient mit einem Pulsoximeter überwacht und beaufsichtigt werden.
Einleitung der Anästhesie
Bei schwierigen Atemwegen sollte idealerweise vor der Einleitung der Anästhesie ein intravenöser Zugang gelegt werden. Die Patienten kommen in der Regel mit einem venösen Zugang in den Operationssaal (manche mit einem Port-a-Cath). Es gibt aber auch Patienten, die keinen venösen Zugang haben, sodass bei Aufnahme in den Operationssaal als Erstes ein Zugang gelegt werden muss.
Das Sichern eines intravenösen Zugangs kann sich bei Patienten, die nach früheren unangenehmen Erfahrungen nervös oder ängstlich und/oder kognitiv beeinträchtigt sind, schwierig gestalten.
Vorbehaltlich der individuellen Nutzen/Risiko-Abwägung für den einzelnen Patienten kann vor der venösen Kanülierung eine Prämedikation mit Distickstoffmonoxid verabreicht werden (sofern keine pulmonale Hypertonie vorliegt). Alternativ kann eine allmähliche inhalative Einleitung mit Sevofluran unter ventilatorischer Unterstützung über die Gesichtsmaske und Sauerstofftherapie durchgeführt werden.
Atemwegsmanagement
Wie bei allen Patienten mit einem schwierigen Atemweg muss die Einleitung der Anästhesie von zwei Anästhesisten vorgenommen werden; außerdem muss es einen Hauptplan (sowohl Medikamente als auch Geräte) und Alternativpläne für den Fall von Komplikationen geben. Diese Pläne müssen dem gesamten OP-Personal bekannt sein. Zudem muss ein HNO-Arzt zugegen sein (um angesichts des erschwerten Zugangs den Hals des Patienten vorher zu untersuchen), falls der Patient eine Notfalltracheostomie benötigt.
Es ist zu beachten, dass die Beteiligung der Atemwege fortschreitend ist; daher dürfte das Management bei jüngeren Patienten wahrscheinlich weniger kompliziert sein als bei älteren Patienten.
Angesichts der hohen Inzidenz einer Kompression und Instabilität der Halswirbelsäule (die in der präoperativen Phase sorgfältig beurteilt werden muss) sollten Manöver, die die Beweglichkeit der Halswirbelsäule beeinträchtigen, vorsichtig durchgeführt werden. Dabei ist eine Hyperextension zu vermeiden und ein korrekter Schutz der Halswirbelsäule jederzeit zu gewährleisten.
Der Handlungsalgorithmus bei einem schwierigen Atemweg muss immer berücksichtigt werden, und entsprechend diesen Algorithmen darf die Spontanatmung des Patienten niemals verloren gehen. Dies ist bei MPS-Patienten von entscheidender Bedeutung, da Pharynx und Larynx durch GAG-Ablagerungen so beeinträchtigt sein können, dass der einzige Indikator dafür, welcher Atemweg zu wählen ist, die bei jedem Atemzug entstehenden Sekretblasen sind.
Orotracheale Intubation vs. Larynxmaske
Wie üblich muss der Einsatz der Geräte individuell auf den Patienten, die Operation und deren Dauer abgestimmt werden.
Es gibt mehrere Operationen, bei denen das Atemwegsmanagement mit einer Larynxmaske möglich ist. Dennoch sollte für den Fall von Komplikationen ein Bronchoskop oder Videolaryngoskop im Operationssaal vorgehalten werden.
Sobald die Larynxmaske angelegt ist, kann es ratsam sein, das Bronchoskop durch die Maske zu führen, um den Zustand des Kehlkopfes zu überprüfen, falls eine schnelle Intubation erforderlich ist.
Medikamente
Eine ausreichende Anästhesietiefe für den Beginn von Intubationsmanövern lässt sich entweder intravenös oder durch Inhalation erzielen. In beiden Fällen sollte die Dosis vorsichtig und schrittweise verabreicht werden, damit der Patient im Fall einer Komplikation schnell und sicher geweckt werden kann.
Intravenös:
Je nach Erfahrung des Anästhesisten und den Merkmalen des Patienten gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Propofol
Remifentanil (entweder als Einzelwirkstoff oder in Kombination mit Propofol, um beide Wirkstoffe in einer niedrigeren Dosis zu verabreichen)
Dexmedetomidin (ein atrioventrikulärer Block muss zuvor ausgeschlossen werden)
Inhalation:
Sevofluran: schrittweise, bis eine ausreichende Tiefe erreicht ist
Die Sauerstoffzufuhr muss während des gesamten Verfahrens aufrechterhalten werden, entweder über eine Gesichtsmaske oder eine Nasenkanüle.
Eine handelsübliche Gesichtsmaske mit einer zusätzlichen Ventilöffnung für den Zugang des Bronchoskops minimiert den Luftaustritt und gewährleistet die Sauerstoffzufuhr während des Intubationsmanövers.
Steht keine solche Gesichtsmaske zur Verfügung, kann alternativ ein kleiner Endotrachealtubus durch ein Nasenloch in den Pharynx eingeführt und an das Beatmungsgerät angeschlossen werden. Auf diese Weise kann Sauerstoff verabreicht und Sevofluran während des bronchoskopischen Intubationsmanövers weiter zugeführt werden. Beachten Sie, dass Sevofluran in diesem Fall nicht vom Beatmungsgerät absorbiert wird und daher in den Operationssaal gelangt.
Eine andere Möglichkeit wäre die Intubation mit einem Bronchoskop über eine Larynxmaske.
Neben den Medikamenten zur Sedierung des Patienten ist eine Lokalanästhesie der Atemwege, d. h. vom Zungengrund bis zur Trachea, unerlässlich. Dadurch wird eine Reizung der Rachen- oder Kehlkopfschleimhaut vermieden, die Hustenanfälle oder sogar einen Laryngospasmus oder Bronchospasmus hervorrufen kann.
Die Lokalanästhesie kann am wachen Patienten erfolgen, wenn dieser minimal kooperativ ist, oder anderenfalls am sedierten Patienten.
Geräte für den schwierigen Atemweg
Das wichtigste Gerät für einen schwierigen Atemweg ist und bleibt das Bronchoskop. In den letzten Jahren hat das Videolaryngoskop aufgrund seines erfolgreichen Einsatzes bei schwierigen Atemwegen an Popularität gewonnen, aber das Bronchoskop bleibt das Gerät der Wahl.
Während des Intubationsmanövers kann ein Lokalanästhetikum durch den Arbeitskanal des Bronchoskops gesprüht werden.
Es ist wichtig, dass die Situation ab Beginn des Manövers im Mund beurteilt wird. Die Anatomie von Pharynx und Larynx kann stark verändert sein, weshalb die beim Einführen des Bronchoskops beobachteten Strukturen falsch interpretiert werden können.
Angesichts der Enge des Atemwegs des Patienten ist darauf zu achten, dass die Größe des Orotrachealtubus etwas kleiner ist als dem Alter des Patienten entsprechend.
Beatmung
Bei der Programmierung des Beatmungsgeräts ist zu beachten, dass in der Regel ein restriktives pulmonales Muster vorliegt. Das Verhältnis von Inspiration zu Exspiration sollte näher bei eins liegen, wobei in fortgeschrittenen Fällen an die Möglichkeit einer Luftretention gedacht werden sollte, die gleichzeitig mit einem obstruktiven Muster vorliegen kann.
MPS-Patienten weisen in der Regel einen erhöhten intrapulmonalen Druck und Atemwegsdruck auf, wobei sich die respiratorische Situation während der Operation verändern kann.
Auf das übliche Vorkommen von Sekreten im Bronchialbaum ist zu achten, die gegebenenfalls über den Endotrachealtubus abgesaugt werden müssen.
Beatmungsmodus
Je nach aktuellem Zustand des Patienten kann jeder Beatmungsmodus zum Einsatz kommen. Wenn mehr Informationen über den pulmonalen Status des Patienten gewünscht werden, ist der volumenkontrollierte (VC) Modus sinnvoll, da dieser den Plateaudruck liefert, der Auskunft über den intrapulmonalen Druck gibt. Sind für eine ordnungsgemäße Beatmung hohe Drücke erforderlich, können diese mit Hilfe des druckkontrollierten (PC) Modus oder sogar des Modus PC + Volumengarantie (VG) (AutoFlow, je nach Beatmungsgerät) eingestellt werden, wobei allerdings ein Teil der Informationen verloren geht.
Um mögliche respiratorische Veränderungen oder Komplikationen während der Operation frühzeitig und genau zu erkennen, ist die Interpretation nicht nur der Druck/Zeit- und Fluss/Zeit-Diagramme, sondern auch der Druck/Zeit-Schleifen nützlich.
Zusammenfassung des Atemwegsmanagements und der intraoperativen respiratorischen Komplikationen
Da es sich um Patienten mit möglicher kardialer Beteiligung handelt, ist daran zu denken, dass das kardiopulmonale System während der Anästhesie als Einheit funktioniert und Veränderungen bei der Beatmung die kardiovaskuläre Funktion beeinflussen können und umgekehrt.
So kann beispielsweise eine Abnahme des ausgeatmeten CO2 respiratorisch oder hämodynamisch bedingt oder auf den Ösophagusdruck zurückzuführen sein: Eine übermäßige Anwendung des positiven endexspiratorischen Drucks (PEEP) kann Veränderungen der Herzfunktion zur Folge haben.
Die Möglichkeit einer kardialen Beteiligung muss immer in Betracht gezogen werden, auch wenn bei den präoperativen Tests keine signifikante Beteiligung erkennbar war.
Extubation
Die Extubation ist ein kritischer Moment, mehr noch als die Intubation, da der Atemweg ebenso schwierig bleibt. Die Extubation beinhaltet zusätzliche Risiken wie Ödeme oder Blutungen, die durch die Manipulation der Atemwege, die Operationszeit und die während der Anästhesie verabreichten Medikamente verursacht werden können.
Es ist ratsam, Kortikosteroide zu verabreichen, die Wirkung von Muskelrelaxantien vollständig zu antagonisieren, ein Gerät zur Freihaltung der Atemwege einzusetzen und die Atmung nach der Extubation zu unterstützen.
Die Extubation sollte am vollständig wachen Patienten mit aktivem Husten- und Schluckreflex, ausreichender Atmung und aktiver Bewegung und Muskelkraft erfolgen.
Auf dem Markt sind Geräte erhältlich, die bei Bedarf eine Reintubation erleichtern. Diese bestehen aus einer sehr dünnen Führung, die vor der Extubation des Patienten durch die Trachea eingeführt werden kann. Falls nötig, wird durch diese Führung ein Tubuswechsler eingeführt, und der Patient kann ohne die ursprünglichen Manöver direkt intubiert werden. Dieser feine Führungsdraht kann entfernt werden, wenn eine Reintubation nicht erforderlich ist und das Risiko als unerheblich eingeschätzt wird. Dieses Instrument kann bei Patienten, die besonders schwierig zu intubieren sind, sehr nützlich sein.
In den ersten Minuten nach der Extubation kann die Atemunterstützung direkt über das Beatmungsgerät im Operationssaal im druckunterstützten (PS) Modus mit einer dicht schließenden Gesichtsmaske erfolgen. So kann eine einzelne Stufe der Atemunterstützung (PEEP am Beatmungsgerät) oder eine duale Stufe (PEEP und PS) verordnet werden, wobei daran zu denken ist, den Trigger entsprechend dem Alter des Patienten zu regulieren. Auf diese Weise wird die nicht-invasive Beatmung (NIV) mit dem Beatmungsgerät im Operationssaal durchgeführt. Es kann auch das häusliche Beatmungsgerät des Patienten verwendet werden. Nach der Anästhesie muss im Aufwachraum beurteilt werden, ob der Patient bis zur vollständigen Wiederherstellung der Lungenfunktion für einige Zeit eine NIV benötigt.
Augenschutz
Es ist zu beachten, dass Patienten mit Exophthalmus mit Augencreme und Augenklappe geschützt werden sollten. Bei Operationen, die in Bauchlage durchgeführt werden müssen, ist sorgfältig darauf zu achten, dass auf den Augen keinerlei Druck lastet.
Neuropathien und Erkrankungen des Skeletts
Die Lagerung während der Operation kann aufgrund von Fehlstellungen des Skeletts postoperative Schmerzen oder sogar eine Nervenkompression verursachen. Wenn möglich, wird empfohlen, dass der Patient oder seine Familie beschreibt, in welcher Position er bequem ruht oder schläft, damit er vor der Einleitung der Anästhesie entsprechend gelagert werden kann.
Skelettfehlstellungen können eine periphere Nervenblockade erschweren, da die Nerven eventuell anders verlaufen.
Albert Sánchez Vega (2021) ‘Consideraciones anestésicas en pacientes con mucopolisacaridosis’, in Del Toro Riera, M. (ed.) Aproximación quirúrgica al paciente con mucopolisacaridosis. España: Content Ed Net, pp. 80-88.
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Literaturangaben:
Walker R et al. J Inherit Metab Dis. 2013;36(2)211–219.
Harmatz P et al. Mol Genet Metab. 2013;109(1):54–61.
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